Birgit Zinner: IHRE RINGE DREHEN

Birgit Zinner: IHRE RINGE DREHEN

©Fotos: bildrecht.at

Das Motiv Kreis und das Thema Beweglichkeit begleiten die künstlerische Arbeit von Birgit Zinner seit mehr als 30 Jahren. In iterativen Verfahren entstehen farbige kontrastreiche Gebilde, die zerlegt, zerschnitten, neu geordnet und zusammengefügt werden, wobei Perspektiven und Bedeutungen wechseln.

Ein Beispiel dafür ist die Installation Ihre Ringe drehen mit Bildobjekten und Objekten und dem integrierten Trickfilm Teils-Teils, der 1986 entstanden ist und für diese Präsentation neu überarbeitet wurde.

Der Titel der Installation „Ihre Ringe drehen“ nimmt Bezug auf eine Zeile das Gedichts „Teils-Teils“ von Gottfried Benn, in dem er, einen Augenblick seines Lebens beschreibend, resoniert über seine Vergangenheit: …Bälle gehen ins Netz/ er raucht, sie dreht ihre Ringe,/ überhaupt nachdenkenswert/…

Als Ich 1986 meinen Trickfilm „Teils-Teils“ begann, dachte ich, dass spätestens nach meinem Tod ein Institut sich eigens mit meiner Arbeit beschäftigen würde. Und- so malte ich mir aus- ein intelligenter, wohlgestalteter junger Mann (sic!) als selbst gewähltes anspruchsvolles Dissertationsthema engagiert versucht diesen Film zu enträtseln. Ihn herausfordern, in seinem Vorhaben zu bestätigen, anzuspornen und weiterzutreiben war mein Sinn. So stellte ich Fallen, versuchte in Sicherheit zu wiegen und in die Irre zu führen, Lösungen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen und dazwischen Störungen einzubauen, zu irritieren und schließlich diese Person, die besessen vom Wunsch der Idee der Dekodierung ist, in den Wahnsinn zu treiben.
Heuer konfrontierte ich mich selbst mit dieser Aufgabe und ich blicke zurück auf mein alter Ego.

Viele charakteristische Fragestellungen , die damals vorhanden waren, durchdringen seither meine künstlerische Arbeit und werden wiederholend abgeklopft und untersucht. Es sind sowohl inhaltliche, als auch formale Elemente, Werkzeuge, nicht nur zur Erforschung, sondern auch zur Kommunikation: Der Wechsel von Umriss und Fläche, Vordergrund und Hintergrund, Beweglichkeit und Stillstand, Negativ und Positiv, Lockung und Irritation. Dahinter steht das Interesse nach Verschiedenheit im Gleichen und der Gleichzeitigkeit von Widersprüchen. Es ist eine Gradwanderung von Behauptungen mit dem Willen Tatsachen zu zerstören und spielerisch zu verführen und dadurch die Möglichkeit einer gemeinsamen, doch ungreifbaren Freiheit für mich, als auch für die BetrachterInnen zu schaffen.
Versucht man, die Installation „Ihre Ringe drehen“ im ASIFAKEIL zu durchschauen, wird der Blick immer wieder abgelenkt, Bedeutungen wechseln und der Raum zergliedert sich in Flächen und verdichtet sich zu einem undurchschaubaren und veränderlichen Konglomerat.
Bei meiner ersten Vorführung des Films „Teils-Teils“ auf der Angewandten in der Meisterklasse Ernst Caramelle meinte dieser, ihm gefalle der Film deshalb gut, weil es immer so gleich dahin gehe und man deshalb ohne weiteres den Raum verlassen und später wieder zurückkommen könne. Ich war empört und meinte, man müsse den Film von Anfang bis Schluss durchsitzen.
Mit der Zeit sehe ich das nicht mehr so streng. Jede Sichtweise ist möglich, ob der Genuss eines Augenblicks oder das Versinken in das Rätsel- auch wenn eine gänzliche Entschlüsselung versagt bleibt.