ANIMATION AVANTGARDE 1

Internationaler Wettbewerb

26.05.2016 – 16:30, Stadtkino im Künstlerhaus

80 min.

Boris Labbé beginnt mit filigranen Bewegungsabläufen von Individuen, die sich schließlich zur kosmologischen (Un-)Ordnung verdichten. Siegfried A. Fruhauf geht von nur einer Fotografie aus, um durch Überlagerungen und ryhtmische Montage ein Universum an Eindrücken zu erschaffen. Unterhaltsame Mischungen aus filmischen Fundstücken und Handgemaltem bietet Gina Kamentsky, von der konservativen Enge einer heteronormativen Gesellschaft erzählt Céline Devaux. Zu Raven Kwok könnten wir tanzen, und vom Untergang autoritärer Staaten träumen wir mit Mihai Grecu.

RHIZOME | Boris Labbé | 2015 | 11:25 | FR

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt:
 Boris Labbé
Produktion: Ron Dyens, Kamera: Boris Labbé, Ton: Victor Praud,
Animation: Boris Labbé, Wen Fan, Loïc Sitti

Rhizome zoomt hinein in eine mikroskopische Welt, die in ständiger Veränderung, Mutation und Metamorphose ist. Wie ein Wimmelbild, das sich immer weiterentwickelt und von Kreaturen über Gebäude und Pflanzen immer wieder neue Elemente entstehen und wieder vergehen lässt. Mit schon fast wissenschaftlicher Präzision lässt Boris Labbé seine gezeichneten Elemente tanzen und sich wieder zu komplexen Strukturen und farbigen Schwärmen zusammenfügen.

HERE THERE | Alexander Stewart | 2015 | 04:40 | HR, US

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt: Alexander Stewart
Produktion: Vanja Andrijević, Ton: Alexander Stewart, Gideon Kiers
Animation: Alexander Stewart, Darko Masnec

Erinnerungen können verblassen und es bleibt: ein Gefühl, vielleicht ein Duft oder ein Bild. Here There visualisiert eine Veränderung von Erinnerung, nur dass diese hier nicht zu „blassen Erinnerungen“ wird, sondern sich zu immer konkreteren geometrischen Figuren formt. Sozusagen ein abstrakter Gedächtnisverlust, nur im Sound konstant konkret, und alles andere wird zu Linien, Formen und Farbflächen.

EL RITUAL DEL COLOR | Maria Luz Olivares Capelle | 2015 | 02:30 | AT

The ritual of colour, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Produktion/Schnitt/Animation: Maria Luz Olivares Capelle
Kamera: Almut Schilling, Serafin Spitzer, Maria Luz Olivares Capelle, Ralph Voltron
DarstellerInnen: Almut Schilling, Maria Luz Olivares Capelle

In Olivares Capelles Film spürt man die Bandbreite ihres filmischen Denkens: ein spielerischer Zugang zu Film, der Magie des Films, und gleichzeitig eine klare Haltung gegenüber dem Bild und der Bildkomposition. Eine Frau steht vor der Kamera und ist Protagonistin eines Kameratests, die Farbpalette, die sie dabei in der Hand hält, bringt den schwarz-weißen Film durcheinander. Das Material, das eigentlich keinen „Wert“ hat und als „Abfall“ gilt, wird zu einem eigenen Kunstwerk.

VINTAGE PRINT | Siegfried A. Fruhauf | 2015 | 13:00 | AT

Kein Dialog
Regie: Siegfried A. Fruhauf
Ton: Anna Katharina Laggner, Christoph Ruschak

Aus einer einzelnen Fotografie einer idyllischen Landschaft, auf einer Glasplatte festgehalten und datiert auf Ende des 19. Jahrhunderts, erschafft Fruhauf ein ganzes Universum. In energiegeladenen und pulsierenden 13 Minuten bearbeitet er das Bild von analog bis digital mit unterschiedlichen Prozessen, die sich schließlich alle zu überlagern scheinen, und durchwandert so auf abstrakte Weise eine Geschichte der medialen Wahrnehmung von der Fotografie über den Film in die digitale Welt.

IF YOU SAY SOMETHING, SEE SOMETHING | Gina Kamentsky | 2016 | 01:34 | US

Österreich-Premiere, EN
Regie/Produktion/Animation: Gina Kamentsky

Gina Kamentsky benutzt in ihren kurzen Filmgedichten eine vielschichtige Collagetechnik, bei der sie Elemente aus gefundenem Filmmaterial mit Hilfe von Animationssoftware bearbeitet und wieder handgezeichnet aufs 35mm-Footage überträgt. Für If you Say something, See something hat sie Sequenzen mit schriftlichen Untertiteln ausgewählt und zur Komposition „Trauermarsch einer Marionette“ von Charles Gounod mit spaßigen Trickfilmfiguren kombiniert.

TRACHEAL SHAVE | Gina Kamentsky | 2016 | 01:47 | US

Europa-Premiere, EN
Regie/Produktion/Animation: Gina Kamentsky

In Tracheal Shave collagiert Kamentsky in rascher Schnittfolge handgemalte Sequenzen auf 35mm-Found-Footage mit gefundenen Tonquellen verschiedenster Herkunft – wie Schallplatten vom Flohmarkt, Filmausschnitten von Laurel & Hardy und eigenen Field Recordings. Zusätzliche folkloristische Klänge und der zwischen Abstraktion und einfachen „Cartoon Characters“ pendelnde Zeichenstil erinnern an Norman McLaren. „Funny Avantgarde“.

ERLKÖNIG | Georges Schwizgebel | 2015 | 05:40 | CH

Erlking, Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Produktion/Schnitt/Kamera/Animation: Georges Schwizgebel
Ton:
Louis Schwizgebel

Georges Schwizgebel legt mit Erlkönig einen berauschenden gemalten Animationsfilm in seiner unvergleichlichen Handschrift vor. Die Klavierfassung zu Goethes Ballade von Franz Liszt wird charmanterweise von seinem Sohn Louis interpretiert. In der dramatischen Erzählung über einen Vater, der verzweifelt seinen kranken Sohn zu retten sucht, wechseln kunstvoll die Perspektiven zwischen den Wahnfantasien des Sohnes, der Sicht des Vaters und eines Blicks von außen.

LE REPAS DOMINICAL Sunday Lunch | Céline Devaux | 2015 | 12:30 | FR

Österreich-Premiere
Regie: Céline Devaux
Produktion:
Ron Dyens

Die eigene Familie ist doch meist „merciless ordinary and amiable“, besonders am Sonntag, wenn man zum rituellen Mittagessen, verkatert vom Vorabend, zusammenkommt. Da sind sie wieder: die gleichen (peinlichen) Fragen, Themen, das gleiche Essen. Aber auch: Die ungehörten Antworten, die Sehnsüchte und zu Tage tretenden Familienstrukturen. Devaux fasst all dies in fantasievoll surreale Szenen und Choreografien mit dem Kücheninventar. Bis die Nachmittags-Melancholie einsetzt.

GHOST CELL | Antoine Delacharlery | 2015 | 06:45 | FR

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt: Antoine Delacharlery
Produktion:
Nicolas Schmerkin

Ghost Cell erinnert an das Konzept von Makrokosmos und Mikrokosmos, wenn die Kamera aus großer Distanz sich der Welt nähert, die Stadt Paris wie unter einem Mikroskop betrachtet und schließlich in zellulare Strukturen einzutauchen scheint. Das visuelle Erscheinungsbild dieser 3D-Computeranimation scheint dabei auf Realbildern zu fußen, transformiert diese aber in morbide Bilder des Zerfalls, die an ein dichtes Geflecht von Spinnenfäden erinnern.

STICKUP | Raven Kwok | 2015 | 04:49 | US

Österreich-Premiere, EN
Regie/Schnitt/Animation: Raven Kwok
Ton:
Karma Fields, MORTEN, Juliette Lewis

Raven Kwoks Musikvideo für die Musiker Karma Fields & MORTEN besteht aus Codes, die auf Algorithmen und Software-Prozessen beruhen. Er visualisiert damit zwei Ebenen der Musik: einerseits den Text des Songs, andererseits lässt er abstrakte Formen wie Raster, Pixel und Vektor-Linien in einer Choreografie zusammenspielen. Das Wechselspiel zwischen Aufbau und Auflösung im Rhythmus der Musik unterstreicht die Wucht des Songs perfekt.

THE FIVE MINUTE MUSEUM | Paul Bush | 2015 | 06:30 | GB, CH

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Animation: Paul Bush
Produktion:
Gerd Gockell, Paul Bush, Ted Sieger, Jochen Ehmann
Kamera: Paul Bush, Adrian Flury, Joder von Rotz
Animation: Paul Bush, Joder von Rotz, Adrian Flury

Paul Bush hat zahllose Ausstellungsobjekte aus verschiedenen kunsthistorischen Museen hinsichtlich ihrer Form sortiert und zum wieder besonders stimmig arrangierten Soundtrack von Andy Cowton durch Einzelbildfotografie in berauschende Animationen der fließenden Übergänge verwandelt. Neben einem höchst genussvollen audiovisuellen Vergnügen veranschaulicht die Arbeit im wörtlichen Sinn die wichtigsten globalen Themen der Menschheitsgeschichte.

THE REFLECTION OF POWER | Mihai Grecu | 2015 | 09:00 | FR, RO

Wien-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt/Animation: Mihai Grecu
Produktion:
Nicolas Anthomé
Kamera: Mu Jin Ton Yann Leguay

Nach Grecus Filmen, in denen scheinbar unberührte Wüsten oder öde Landstriche die Hauptrolle spielten, nimmt hier eine von Menschen streng geplante „Landschaft“ diesen Platz ein. Diese soll Macht demonstrieren, Ehrfurcht verströmen und nicht zuletzt allem Einfluss trotzen. Doch was, wenn die Natur sich diese Behauptung nicht gefallen lässt und mit beharrlicher Stetigkeit etwas zurückfordert, das das nordkoreanische diktatorische System zu regulieren und regieren sucht?