ANIMATION AVANTGARDE 2

Internationaler Wettbewerb

28.05.2016 – 19:00, Stadtkino im Künstlerhaus

81 min.

Max Hattler erweckt aus einem Minigolfplatz ein ganzes Universum zum Leben, und Rainer Kohlbergers pulsierende Bildflächen fordern das Auge heraus. Im Programm stehen sich analoge und digitale Techniken sowie Ästhetiken gegenüber – und so entstehen kleine filmische Hommagen oder ganz neue Bilderwelten. Mit surrealen Bildern deckt Evan Grothjan leere Versprechungen des „American Dream“ auf, während U. postapokalyptische Stimmung verbreitet. Réka Bucsi dagegen pflanzt Liebe auf fremden Planeten ein, während Irina Rubina und Elinor Wyser sich auf ganz eigene Art in die Köpfe hineingrooven.

4MIN15 AU RÉVÉLATEUR | Moïa Jobin-Paré | 2015 | 04:44 | CA

4min15 in the Developer, Welt-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt/Kamera/Animation:
 Moïa Jobin-Paré
DarstellerInnen: Blanche Jobin-Paré
Ton: Simon Elmaleh

Moïa Jobin-Paré entspinnt, durchaus auch im sprichwörtlichen Sinn, ein vielschichtiges Wechselspiel von Außen- und Innenwelt. Ausgehend von dem Blick aus ihrem Fenster auf einen eher unwirtlichen und nebelig kalten Ausschnitt der Großstadt Québec lässt sie mit ihren spielerisch gesetzten, leuchtenden Punkten, Linien und Fäden – ausgeführt von einer schattenhaft gezeigten weiblichen Figur – ihre eigene, künstlerische Gegenwelt entstehen.

ALL ROT | Max Hattler | 2015 | 04:00 | DE,GB,HK

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie: Max Hattler

All Rot katapultiert uns direkt ins Universum: Hier regieren wütende Blitze, planetenartige und geometrische Figuren sowie ein surrend-knarrender Sound. Hattler choreografiert Bilder von Strukturen und Texturen, die an ölbemalte Leinwände und an „Cameraless Films“ erinnern, in denen Filmmaterial durch verschiedene Umwelteinflüsse verändert wird. Getrennt durch einen Split Screen und doch miteinander agierend fügen sich Bilder und Töne zu einer spannenden synästhetischen Erfahrung.

NOT EVEN NOTHING CAN BE FREE OF GHOSTS | Rainer Kohlberger | 2015 | 11:00 | DE, AT

Wien-Premiere, kein Dialog
Regie: Rainer Kohlberger

Die computergenerierten audiovisuellen Experimente Kohlbergers fordern das Auge und die Wahrnehmung der ZuseherInnen immerzu heraus. Die Licht- und Flicker-Kompositionen, die er entwirft, sind radikal und präzise arrangiert und ergeben ein einsaugendes Zusammenspiel mit dem Sound. Damit konfrontiert, kreiert das Gehirn Bilder und Formen von teils wabernder und dann wieder klarer Konsistenz, bei denen man sich nie ganz sicher ist, ob sie tatsächlich da sind oder nur ein „Hirngespinst“.

U. | Adrián Regnier Chávez | 2015 | 04:40 | MX

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt/Kamera/Ton/Animation: Adrián Regnier Chávez

Aus einer einzelnen Fotografie einer idyllischen Landschaft, auf einer Glasplatte festgehalten und datiert auf Ende des 19. Jahrhunderts, erschafft Fruhauf ein ganzes Universum. In energiegeladenen und pulsierenden 13 Minuten bearbeitet er das Bild von analog bis digital mit unterschiedlichen Prozessen, die sich schließlich alle zu überlagern scheinen, und durchwandert so auf abstrakte Weise eine Geschichte der medialen Wahrnehmung von der Fotografie über den Film in die digitale Welt.

BEGONE DULL CARE 2015 | Paul Johnson | 2015 | 03:48 | CA

Österreich-Premiere, kein Dialog, EN
Regie/Produktion/Animation: Gina Kamentsky

Gina Kamentsky benutzt in ihren kurzen Filmgedichten eine vielschichtige Collagetechnik, bei der sie Elemente aus gefundenem Filmmaterial mit Hilfe von Animationssoftware bearbeitet und wieder handgezeichnet aufs 35mm-Footage überträgt. Für If you Say something, See something hat sie Sequenzen mit schriftlichen Untertiteln ausgewählt und zur Komposition „Trauermarsch einer Marionette“ von Charles Gounod mit spaßigen Trickfilmfiguren kombiniert.

AN UNCOUNTABLE NOUNE | Cao Shu | 2014 | 05:42 | CN

Europa-Premiere, kein Dialog, EN
Regie/Produktion/Schnitt: Cao Shu
Ton: Shi Zheng
Animation: Cao Shu, Yang Peilin, Zhu Jiaming

Die handgezeichneten Animationen in drei Filmfenstern zeigen verschiedene Kamerapositionen einer surreal montierten Welt der Symbole und Widersprüche. An Chinas reiches kulturelles Erbe erinnern über dichtem Wolkenhimmel schwebende Drachenkopfschiffe, ans moderne China die überbordenden und teils zerbröckelnden Häuserkonglomerate, die diese tragen müssen – oder auch gesichtslose Menschenmassen, die gesichtslosen Politikern applaudieren.

TOSSE NOT MY SOULE | Sebastian Buerkner | 2015 | 04:25 | GB

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie: Sebastian Buerkner

Auseinander driftende Alltagsgegenstände, eine Tür, ein Waschbecken, Wohnblöcke mit ewig gleichen Balkonen, dann Menschen in der U-Bahn oder im Bus. Manche Bilder bleiben konkret(er), manche werden abstrakt. Genauso mäandert der Sound zwischen klaren Alltagsgeräuschen, die minimal verändert werden, und einem transzendental klingenden Lied aus dem 16. Jahrhundert. Die Figuren sind zwischen Realität und einer Sehnsucht nach etwas Bedeutsamem oder gar Beseeltem gefangen.

RUBEN LEAVES | Frederic Siegel | 2015 | 05:00 | CH

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt/Kamera/Animation: Frederic Siegel
Produktion: Gerd Gockell
Ton: Kilian Vilim, Thomas Gassmann

Ruben wird auf dem Weg zur Arbeit von neurotischen Zwangsvorstellungen heimgesucht. Ist die Wohnungstür verschlossen? Ist der Gasherd wirklich ausgeschaltet? Immer absurdere Szenen wie Überschwemmungen und schwerelos im Raum schwebende Möbel plagen Rubens kreativen Geist, und die Übergänge zwischen Realität und Fantasie vermischen sich. Besonders beeindruckend ist auch das holzschnittartige, auf wenige kühle Pastelltöne reduzierte grafische Design.

THE LOVE STORY | Evan Grothjan | 2015 | 05:22 | US

Österreich-Premiere
Regie/Ton/Animation: Evan Grothjan

The Love Story ist rätselhaft, faszinierend sowie verstörend und belustigend zugleich. Klar ist nur: hier stimmt etwas nicht. Die glatten und träumerisch rosaroten 3D-Animationen werden zusehends von irritierenden Sounds und Texten kontrastiert. Tatsächlich stammen diese aus dem „CIA Torture Report“ sowie aus „Collateral Murder“, einem Militär-Video der US-Army. Eine heile Plastikwelt, die mehr Schein als Sein ist. Oder: „The American Dream. A crashing people-less love parade. Quite splendid.“

LOVE | Réka Bucsi | 2016 | 14:33 | FR, HU

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Produktion: Raven Kwok

LOVE entführt auf einen fremden Planeten, der von seltsamen Tieren und liebenswerten Monstern bewohnt ist. Ein Komet, der wie ein Blumentopf auf dem Planeten landet, verändert alles: In drei Kapiteln vereinen sich die Kreaturen, lösen sich ineinander auf, um am Ende doch wieder eigene Wege zu gehen, nicht aber ohne bleibende Spuren zu hinterlassen. Ein humorvolles Spiel der Surrealitäten, das Bucsi auch schon in Symphony no. 42 wunderbar in Szene setzte.

SAVER | Simon Gerbaud | 2015 | 07:51 | MX

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Drehbuch/Schnitt/Kamera/Animation: Simon Gerbaud
Ton:
Carlos Honc
Animation: Paul Bush, Joder von Rotz, Adrian Flury

Objekte des täglichen Gebrauchs – wie ein Schuh, ein Sessel, ein Einkaufswagen, eine Videokamera, ein Laptop, ein Kühlschrank – werden vor unseren Augen mit Hilfe uralter, aber immer noch Staunen erregender „Filmtricks“ schichtweise zum Verschwinden gebracht, transformiert in Bruchstücke oder Staub. Teils durchwandern sie auch spielerisch die Wände, treten transformiert aus ihnen wieder hervor oder werden wieder zusammengesetzt, geheilt. Unwirklich.

SETTING WEST | Judith Poirier | 2015 | 05:25 | CA, US

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Produktion/Schnitt/Ton/Animation: Judith Poirier

Für ihren „abstrakten Western“ hat Judith Poirier historische Druckerpressen aus dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA und Kanada benutzt, um klassische „Cowboy & Indianer“-Bilder direkt auf 35mm-Glasfilm zu drucken. Durch diese Direktmethode entstehen besonders prägnante Strukturen und intensive Kontraste – und nachdem auch der Bereich der Tonspur bedruckt wurde, ebenso eine experimentelle Tonebene.

JAZZ ORGIE | Irina Rubina | 2015 | 01:15 | DE

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Produktion/Animation: Irina Rubina

Wenn im Nachspann zu diesem dynamischen Intermezzo unter „Special Thanks“ Namen wie El Lissitzky, Alexander Rodtschenko, Piet Mondrian, Kasimir Malewitsch, aber auch zahlreiche ZeitgenossInnen benannt werden, dann lässt sich schon erahnen, worum es in diesem jazzigen, audiovisuellen Kleinod geht: um eine Hommage an die Kunst der Malerei und ihrer Avantgarden – und besonders um eine Verbeugung vor der Geschichte der Visual Music.

PROJEKT STALK: MÜLIMÄS | Elinor Wyser | 2015 | 03:37 | CH

Österreich-Premiere, kein Dialog
Regie/Produktion: Elinor Wyser

Das Ausgangsmaterial zu dieser Arbeit stammt von einer Überwachungskamera in einem tristen, städtischen Waschsalon: schlechte Bildqualität, seltsam schräger Kameraausschnitt, eine eher ungemütliche Ausgangslage. Aber dann entspinnt sich aus den Alltagsklängen, die die BenutzerInnen in die Welt setzen, und durch den rhythmisierenden Schnitt ein sensibles und tänzerisch fröhliches Geflecht von Bewegungen und Klängen, die sich auch immer wieder verselbständigen dürfen.